Verein zur Erhaltung der Westwall-Anlagen (VEWA e.V.)
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Warum der Erhalt nach dem Kriterium Seltenheit am Westwall ein Irrweg ist

Es ist zu begrüßen, dass überhaupt gesprengte Bauwerke auf ihre Denkmalwürdigkeit bzw. Denkmaleigenschaften überprüft werden, jedoch wird in der inventarisierenden Denkmalpflege noch oft noch in Kriterien wie "Seltenheit" und "authentischem Überlieferungszustand" gedacht, wahrscheinlich weil sich das bisher als Methodik für historische Wohn- und Nutzgebäuden bewährt hat.

Ich bin der Ansicht, gerade die Aussagekraft der Bauwerke des Westwalls lässt sich nur bedingt durch Seltenheit und Überlieferungszustand nach ihrer Wertigkeit klassifizieren, weil man damit stückweise fast jedes Bauwerk aussortieren könnte. Die historische Aussagekraft ist just gegeben durch die hohe Frequenz von Standardbauwerken, die von Aachen bis Basel in hohen Stückzahlen in kürzester Zeit gebaut wurden, und unterstreichen, wie das NS-Regime 1938 durch industrielle Massenfertigung ihre vorgetäuschte wirtschaftliche und militärische Stärke nach innen und außen demonstrieren wollte. Das Ziel: Ihren "Lebensraum " in Ost/Südost-Europa nach rassistischen und menschenverachtenden Gesichtspunkten zu erobern. Mit jedem Bauwerk, das wir der länderübergreifenden Denkmallandschaft entnehmen, wird diese Aussagekraft weiter geschmälert und die Wahrscheinlichkeit kleiner, dass Besucher und Anwohner anfangen, kritische Fragen seiner Entstehung zu stellen.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind schon erhebliche Teile des Westwalls aus der Landschaft getilgt worden. Wr sollten diese Tilgung von Geschichte nicht weiterführen, sondern pragmatische und integrative Lösungen finden, die Artenschutz, Denkmalschutz und Politische Bildung verbinden. Unseren Fokus nur auf die einzelnen Bauwerke zu richten, greift zu kurz - wir müssen den Westwall in seiner Gesamtheit als Denkmal begreifen.

Verkürzt wiedergegeben: Bunker sind um die 10x10x5 m groß, und erfüllen eine ähnliche Funktion wie die einzelnen Steine, 10x20x5 cm, wie die in der Hadriansmauer (Hadrianswall, Nordengland). Diese Steine sind allein betrachtet nicht wirklich etwas Besonders und teilweise auch kaputt. Hier spielen aber Abmessungen und Zustand der Einzelkomponenten, in Beurteilungen auf Denkmalwürdigkeit, keine Rolle.

Bunker dürfen gerne die Funktion eines großen "Stolpersteins" übernehmen, gerne auch in einem Neubaugebiet und zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem alten und aktuellen Nationalsozialismus auffordern.

Patrice Wijnands - VEWA e.V.

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