Verein zur Erhaltung der Westwall-Anlagen (VEWA e.V.)
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Westbefestigungen, Westwall, Ostbefestigungen und Ostwall: Was bedeuten diese Begriffe?

Die vom Versailler Vertrag stark regulierte und militärisch geschwächte Weimarer Republik musste eine Defensivpolitik annehmen, und sah Bedrohungen im Westen (Frankreich) aber vor Allem im Osten (Polen). So entstanden schon in den 1920er Jahren Überlegungen für die "Ostbefestigungen": Von Nord nach Süd:
- In Pommern: Hier entstand ab 1932 die Pommernstellung.
- Zwischen Oder und Warthe: Ab 1934 mit der Nischlitz-Obra-Linie und ab 1936 in ähnlicher Trasse mit der "Festungsfront Oder-Warthe-Bogen".
- In Schlesien: Ab 1928 die Oderstellung.

Für Ostpreußen entstanden heimliche gesonderte Pläne schon ab 1925, die entdeckt wurden. Mit den Locarno-Verträgen wurde der Streit mit den Alliierten beigelegt, und dann wurde ab 1928 in kleinem Maßstab legal weiter gebaut, erst im Heilsberger Dreieck (Heilsberg-Stellung), und später in den 1930er Jahren in der Lötzener Seenstellung, der Ortelsburger Waldstellung und der Hohensteinstellung. Bunker bauen war also schon vor der Machtergreifung Hitlers ein Thema, litt nur unter Geldmangel.

Ab 1934 entstanden Pläne für die "Westbefestigungen ", erst mal noch unter Einhaltung der entmilitarisierten Zone aus dem Versailler Vertrag: Die Neckar-Enz-Stellung und die Wetterau-Main-Stellung, die im Verbund mit der Bayerisch-Tschechischen Grenzstellung eine Abtrennung Süd-Deutschlands verhindern sollten. Ab 1936 wurde der Versailler Vertrag mit dem Einmarsch in das entmilitarisierte Rheinland gebrochen, und schon bald kamen unter den Westbefestigungen die "Befestigungen zwischen Mosel und Rhein" und die "Befestigungen am Oberrhein" hinzu, ab 1938 auch die "Befestigungen am Niederrhein und Eifel".

Dann brach ab Juni 1938 das "Limesbauprogramm" über alles hinein, und aus der bisherigen (notgedrungenen) Defensivpolitik wurde eine aggressive Eroberungspolitik. Im Sommer wurde aus den "Befestigungen zwischen Mosel und Rhein", den "Befestigungen am Oberrhein" und den "Befestigungen am Niederrhein und Eifel" der "Limes", und ab Herbst wurde das zu "Westwall ". Nur für die Militärs blieb das alles zusammen mit der Neckar-Enz-Stellung und der Wetterau-Main-Stellung die "Westbefestigungen", die Politik fokussierte die "Öffentlichkeit" jedoch nur auf den Westwall.

Die Weiterentwicklung der Ostbefestigungen wurde zurück gestellt, jedoch gaben die Militärs ihre Pläne nicht gänzlich auf. Noch 1938 wurde das begonnene Projekt zur Modernisierung der "Lötzener Seenstellung" im fernen Ostpreußen weiter geführt, gänzlich ohne Limesregelbauten. 1939 wurden in Ostpreußen, Pommern und Schlesien als Vorbereitung für den Angriff auf Polen in Grenznähe Bunker in neuen Stellungen gebaut. 1940/41 wurde dann als Sicherung der Demarkationslinie mit der Sowjetunion teilweise in Ostpreußen und teilweise in Polen weiter gebaut.

Ab 1941 wurden an der Atlantikküste Küstenbefestigungen zwischen den Pyrenäen und dem Nordkap der "Neue Westwall" gebaut, den man dann 1942 "Atlantikwall" nannte. An der französischen Mittelmeerküste wurden Küstenbefestigungen nach einer ähnlichen Nomenklatur "Südwall" genannt.

Über die Jahre 1942/43 gibt es vereinzelte Hinweise auf die Verwendung eines Begriffs "Ostwall". Gemeint waren provisorische, kurze Linien aus Feldbefestigungen an der Ostfront. Burk (1993) nennt dazu Abschnitte am Don und der Wolga, später am Dnjepr. Zumindest erwähnt das Kriegstagebuch des OKW (Bd. 3, Augsburg 2002) für den 12. August 1943, dass Hitler die "Panther-Stellung" (heute in Russland, Weißrussland und der Ukraine) als "Ostwall " bezeichnet hat.

Als 1944 die Ostfront der Reichsgrenze immer näher kam, wurden Dutzende Linien aus Lauf- und Panzergräben und Kochständen zwischen Ostsee und Adria gebaut. Auch wurde versucht die alten Befestigungslinien in Ostpreußen, Pommern, zwischen Oder und Warthe und in Schlesien wieder zu rearmieren. Das sollte Sicherheit vermitteln, wurde aber alles nach und nach überrannt. Zuletzt blieb nur noch der alte Oder-Warthe-Bogen übrig, der in Januar/Februar 1945 ebenfalls durchbrochen wurde.

Heute gibt es in der Literatur oft den Begriff "Ostwall" und damit ist nur der "Oder-Warthe-Bogen" gemeint, jedoch erscheint diese Namensgebung nicht historisch belegbar.

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